Montag, 31. Oktober 2011

Ein virtuelles Gespräch mit einem Pfarrer zum Thema Gaddafi

Vor einiger Zeit, im Zusammenhang mit dem Tod Gaddafis in Libyen, hat ein Pfarrer aus Berlin bei seinem Kollegen einen Kommentar gepostet, auf den ich ausführlich geantwortet habe. Da die Diskussion um das Töten nicht nur einmal stattfindet - sondern, gerade heute, ein Dauerthema sein müsste, poste ich die beiden Teile hier auch:

Ich denke nicht, dass der Herr Pfarrer etwas dagegen hat, wenn sein Name hier offen ist, denn er steht ja tapfer zu seinen Aussagen:

Veit Hoffmann - Lieber Bernd, Gaddafis Tod ist ok. Finde ich. Unsereiner mag vielleicht "eine Leiche" im Keller haben. Er hatte einen ganzen Friedhof! Ein Prozess? Um Gottes Willen! Er hätte SEINEN Auftritt gehabt und die Kumpanei mit westlichen Größen hätte nicht ausgespart werden können. Libyen, das im Treibsand des Umsturzes versunken ist hat Probleme genug. Libyen ist unter Druck. Bald beginnen die Vergleiche zwischen Einst und Jetzt. Ein lebender Gaddafi stört nur!

21.10.2011
Inge G. Jurk-Prommersberger - Es ist für mich immer wieder erstaunlich, was Pfarrer des sogenannten Christentums so von sich geben...
Zu den Leichen im Keller wäre zu sagen, dass wir in Afghanistan auch einige haben - also, nicht nur eine.
Was in allen Kriegen immer ganz zuerst gemeuchelt wird, ist die Wahrheit - auf beiden Seiten.
+Veit Hoffmann "Ein lebender Gaddafi stört nur".
Dazu muss ich vorausschicken, dass ich Gaddafi keineswegs mit Jesus vergleichen will - jeder war eine Persönlichkeit für sich, und gänzlich unterschiedlich.
Aber, was hätte Jesus zu allem gesagt? Was hätte der dazu gesagt, dass eines Menschen Tod für gut befunden wird, weil er "nur" stören würde?
Und, wer war Jesus? Einer der Angepassten und Befürworter, oder der "Eckstein", der Stein des Anstosses, also, jemand der stört?
Wäre es also zu begrüssen, wenn Jesus heute leben würde - stellen wir uns das einfach mal vor - und an den Brennpunkten umher ziehen würde, um Frieden zu predigen - um zu predigen, dass alles abzugeben wäre, was man hat,- dass er auch wieder den Häschern in die Hände fallen würde, und umgebracht würde, ein weiteres Mal wie sowieso viele befürchten, die darüber nachdenken? Das drängt sich doch auf, wenn die Abläufe heutiger Zeiten - und die Kommentare dazu - die Bemerkungen der "christlichen Regierenden", und vieler mehr beachtet werden.
Aber, alle diese nennen sich Christen, - im Namen des Herrn,- wessen? Und, er hat es so gewollt, sonst hätte er es nicht zugelassen? Was kann er denn noch "zulassen"? Des Menschen Hybris schlägt das, was wir Gott nennen und ihm alles zuschreiben, um Längen.
Ist doch schön, dass wir einen Gott haben, dem dann alles in die Schuhe geschoben werden kann - auch die Lästigkeit und das Stören mancher Menschen und deren Tod. ER hat es ja zugelassen, das Leben geht irgendwie weiter - toll.
Ja, ich weiss, das wurde mir von Predigern selber bestätigt, dass man angeblich mit der Bergpredigt nicht regieren kann - und das mit den zehn Geboten ist auch so eine Sache...

Nun könnte man nüchtern einwenden, dass die Kirchen keine Chance hätten, so auf dem Level von Original-Jesus. Warum - bei der teuflischen Versuchung - lässt man es dann nicht ganz mit der Institutionalisierung von etwas, das nicht durchgehalten wird? Wo ist denn bei den Christen - im sogenannten Leitbild - ausser schönen Worten, das Gespiegelte der Liebe, des Mitfühlens, der Feindesliebe, der Menschlichkeit...?
"Du sollst nicht töten!" - das ist neben einigen anderen der Gebote ja schon zu einem fast indiskutablen, schlechten Witz verkommen - besonders im Zusammenhang dessen, was die NATO unter dem "Erwachsen-werden" Deutschlands versteht - wozu ja das Töten gehören soll. Nun kann so ein Pfarrer sagen: Was habe ich damit zu tun?
Viel - denn, Du siehst wie getötet wird - Du findest es in Einzelfällen gut,- zum Mindesten nicht sonderlich bedauerlich,- Du kannst es nicht ändern... Und das genügt schon. Du tötest symbolisch mit, weil Du es so ein wenig befürwortest...
Alles was lebt... jaja, ich weiss - es gibt Widerlinge - und trotzdem.
Das Töten beginnt nicht erst im Positionieren der Waffen, beim Angriff, beim Auslösen eines Schusses - es beginnt lange schon vorher.
Töten beginnt da, wo beschlossen wird, dass ein anderer Mensch als des Lebens nicht wert eingestuft wird.
Andere töten mit, wenn sie diese Beschlüsse bestätigen.

So krass ist das nun mal, ob es uns passt, oder nicht - ob wir damit wieder mal als Gutmensch abgestempelt werden, oder nicht. So krass war Jesus - und darum stört auch er, heute wieder, wie eh und je.
Zu unbequem? Aha, und warum nennt man sich dann "Christ", oder Kirche Jesu, oder was auch immer, das sich auf ihn beruft?
Was würde er sagen?...
Mit welchem Recht masst sich der Mensch an, Herr über Leben und Tod sein zu wollen? Schon immer, mit aller Macht, nur um grösser sein zu wollen als das, was er Gott nennt?

Es gab eine Antwort auf meinen "Rant", allerdings nicht hier, auf offenem Posting, sondern eben bei Bernd Schade, was ich bedauerlich finde, - höflich ausgedrückt.

Hier also die Antwort und meine Gegenantwort:
Veit Hoffmann - @Inge Da hast du dich aber ganz schön in Rage geschrieben! Such doch einmal das Gespräch mit Folteropfern von solch selbstherrlichen Arschlöchern. Du würdest in deinem Elfenbeinturm erzittern. Ich bleibe dabei: Es ist gut, dass Gaddhafi tot ist! Gruss

17:59
Inge G. Jurk-Prommersberger - Ich habe die Frage nach dem Töten nicht nur auf Gaddafi bezogen, und das mit dem Foltern... Bist Du Dir ganz sicher, dass Christen das nicht tun?
"Mein ist die Rache!" spricht der Herr.
Und Du bist also dafür, als sogenannter Diener dieses Herrn, dass das geändert ist?
Hm...

Ja, und zu mir selber wäre zu sagen, dass ich nicht im Elfenbeinturm lebe - im Gegenteil. Und, Rage? Nein, aber ich habe noch ein wenig Feuer in mir ...